„Mit Erleichterungen der EU-weiten Zirkulierung öffentlicher Urkunden setzt die EU einen weiteren Schritt zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern. Wir begrüßen das, da vor allem die Vorlage von Personenstandsurkunden im EU-Ausland für die betroffenen Bürger erleichtert wird, die oft als Grundlage für die Errichtung weiterer Urkunden herangezogen werden. Das ist ein wichtiger Beitrag zum Europa der Bürger“, betont Ludwig Bittner, Präsident der Österreichischen Notariatskammer.
Demnach werden mit 16. Februar 2019 öffentliche Urkunden, die von den Behörden eines EU-Mitgliedsstaats ausgestellt wurden, von den Behörden eines anderen EU-Mitgliedstaats als echt anerkannt1, ohne dass eine sogenannte Apostille angebracht werden muss. Diese wurde bisher von einer Behörde, meist von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, in einem EU-Mitgliedstaat ausgestellt. Die neue Verordnung gilt vor allem für Personenstandurkunden (z.B. Geburt, Name, Eheschließung, eingetragene Partnerschaft, Abstammung, Adoption, Leben, Tod) sowie für die Vorstrafenfreiheit. Notariatsakte, notariell beglaubigte Unterschriften und beglaubigte Kopien dieser Urkunden sind ebenso von der Verordnung erfasst, sofern diese unter eines der in der Verordnung genannten Rechtsgebiete fallen (siehe Kasten).
„Ziele sind Vereinfachung und Kostenreduktion für Bürger. Österreich hatte bereits durch zahlreiche bilaterale Übereinkommen Freizügigkeit, nun gilt diese in wichtigen Rechtsgebieten endlich auch EU-weit“, so Ludwig Bittner.
Weniger Aufwand und Kosten durch mehrsprachige Formulare
Vereinfacht werden auch die Förmlichkeiten für beglaubigte Kopien und Übersetzungen öffentlicher Urkunden, wenn die Behörden des anderen Mitgliedstaats die Vorlage beglaubigter Kopien oder Übersetzungen verlangen. So ist eine beglaubigte Übersetzung, die von einer Person angefertigt wurde, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats dazu qualifiziert ist, in allen Mitgliedstaaten zu akzeptieren. Weiters sind öffentliche Urkunden, die in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem sie vorgelegt werden, abgefasst sind, ohne weitere (Prüfung der) Übersetzung zu akzeptieren.
Um den Übersetzungsaufwand zu reduzieren, sieht die Verordnung mehrsprachige Formulare vor, die der öffentlichen Urkunde bei Vorlage in einem anderen Staat beigefügt werden kann. Diese können bei der Ausstellungsbehörde der öffentlichen Urkunde (z.B. beim Standesamt) beantragt werden und spiegeln den Inhalt der öffentlichen Urkunde wider, da die Feldüberschriften der öffentlichen Urkunde in den Amtssprachen des Ausstellungs- sowie des Vorlagestaates verfasst sind.
Im Einzelfall kann bei Zweifel die Echtheit der Urkunden geprüft werden
Durch den Wegfall der Apostille hat der EU-Gesetzgeber allerdings bestimmte Schutzmaßnahmen zur Prüfung der Echtheit einer öffentlichen Urkunde als notwendig erachtet. Der Fokus dabei liegt in der unmittelbaren Zusammenarbeit der Ausstellungs- und der Empfangsbehörde der Urkunde. Haben Behörden eines Mitgliedstaats, in dem eine öffentliche Urkunde oder eine beglaubigte Kopie davon vorgelegt wird, berechtigte Zweifel an der Echtheit der Urkunde, so können sie diese über ein EU-System der Verwaltungszusammenarbeit überprüfen lassen. Für das österreichische Notariat wird die Österreichische Notariatskammer dabei erstmals die Funktion einer Zentralbehörde wahrnehmen und zu diesem Zweck EU-weit über das sogenannten Binnenmarktinformationssystem mit Behörden der anderen Mitgliedsstaaten vernetzt sein. Auskunftsersuchen sind nach der Verordnung allerdings nur in Einzelfällen möglich und dürfen nicht systematisch erfolgen.
Die Verordnung regelt nicht die Anerkennung des Inhalts einer öffentlichen Urkunde und gilt nicht für öffentliche Urkunden, die von den Behörden eines Drittstaats (außerhalb der EU) ausgestellt wurden. Hier ist weiterhin die Legalisation bzw. Apostille gemäß dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 notwendig.