Mit 29. Jänner 2019 gelten zwei neue EU-Verordnungen, die für grenzüberschreitende Aspekte von Ehen und eingetragenen Partnerschaften mehr Rechtssicherheit in Vermögensfragen bringen werden.
In Österreich haben laut Statistik Austria [1] knapp 30 Prozent aller Ehen einen internationalen Bezug, d.h. etwa, dass einer der Partner oder beide Partner Nicht-Österreicher sind. Diese Zahl hat sich seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 [2] bis heute kontinuierlich erhöht. Bei einer Trennung oder bei einem Todesfall stellen sich notwendigerweise Rechtsfragen in Bezug auf die Aufteilung des partnerschaftlichen Vermögens. Bei internationalen Ehen oder Partnerschaften können diese komplex sein: Welches nationale Recht ist bei einer Auseinandersetzung (ob gütlich oder streitig) maßgebend?
Individuelle Rechtswahl und Gerichtsstandwahl
Nun gelten mit 29. Jänner 2019 zwei neuen EU-Verordnungen, die aufgrund ihrer umfassenden Regelung mehr Klarheit und Stabilität der Rechtsverhältnisse bringen. Betroffen sind das Ehegüterrecht (für Ehepaare) und das Partnergüterrecht (für eingetragene Partnerschaften) mit Auslandsbezug. Ehe- und Lebenspartner, die eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit besitzen, aus beruflichen Gründen im Ausland leben oder dort geheiratet haben, können selbst regeln, welches Recht in Vermögensfragen zuständig sein soll: Sie wählen entweder das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit zumindest einer der Ehegatten besitzt, oder das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts zumindest einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl. Bei den eingetragenen Partnerschaften gibt es zusätzlich die Möglichkeit das Recht des Staates zu wählen, in dem die Partnerschaft begründet wurde.
Das anwendbare Recht ist für den Güterstand relevant, z.B. bei der Aufnahme von Schulden oder beim Erwerb von Kfz oder Immobilien. Haftet jeder Partner getrennt oder beide gemeinsam, wenn einer von ihnen einen Bankkredit aufnimmt? Gehört das von einem Partner erworbene Kfz nur diesem Partner oder beiden? Die güterrechtliche Regelung hat entscheidende Auswirkungen. Geregelt werden kann auch in gewissen Grenzen, welches Gericht bei Streitigkeiten für die Entscheidung über sämtliche zivilrechtliche Fragen des gemeinsamen Güterstandes zuständig ist. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Verordnungen sind Steuer- und Zollsachen, Unterhaltspflichten und Erbrecht.
Klare Verhältnisse und mehr Stabilität
„Die neuen EU-Regeln zum Güterrecht bringen somit mehr Rechtssicherheit für Menschen, die in grenzüberschreitenden Beziehungen leben, sei es im EU-Ausland oder in Österreich. Sie können das Recht auch besser gestalten, das auf ihre Beziehung anzuwenden ist, indem sie es selbst wählen. Das gibt Stabilität und entspricht dem Willen der Betroffenen“, betont Ludwig Bittner, Präsident der Österreichischen Notariatskammer.
Die einmal gewählte Rechtswahl ist übrigens nicht in Stein gemeißelt, sondern kann jederzeit im Einvernehmen mit dem Partner geändert werden. Allfällige Interessen Dritter (z.B. Gläubiger) gilt es aber bei Änderungen zu berücksichtigen.
Falls künftig keine Rechtswahl für den ehelichen Güterstand getroffen wird, gilt zunächst das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Das bringt im Vergleich zur bisherigen österreichischen Rechtslage mehr Stabilität.
Universeller Charakter
Das neue Ehegüter- und Partnergüterrecht ist nicht beschränkt auf das Recht von EU-Mitgliedsstaaten. Sprich: Wenn Amerikaner betroffen sind, könnte auch amerikanisches Recht gewählt werden.
Obwohl anzuraten, ist der Abschluss eines Ehevertrags keine Voraussetzung für die Rechtswahl bei der internationalen Ehegüterregelung. Eheverträge bedürfen in Österreich der notariellen Form, um unter anderem den Interessensausgleich beider Partner zu gewährleisten.
Gültig in 18 EU-Mitgliedsstaaten
Das neue EU-Recht gilt ab dem 29. Jänner 2019. Für Ehen und Partnerschaften, die vor diesem Datum begründet wurden, bleibt es allerdings bei dem bislang anwendbaren Recht, sofern die Partner nicht nach dem 29. Jänner 2019 eine Rechtswahl treffen. Die neuen EU-Verordnungen gelten nicht in allen, sondern derzeit in 18 Mitgliedsstaaten der EU: in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Zypern. Die übrigen EU-Mitgliedstaaten haben jedoch die Möglichkeit, sich künftig diesen Verordnungen anzuschließen.
Informationen für ein vernetztes Leben in Europa
Nach Angaben der EU-Kommission leben in der EU rund 16 Millionen Paare mit grenzüberschreitendem Bezug. Die Zahl der internationalen Scheidungen wird mit rund 170.000 pro Jahr beziffert. Das sind immerhin 16 Prozent aller Scheidungen.
Das European Law Institute (ELI) – www.europeanlawinstitute.eu – mit Sitz an der Universität Wien hat im Rahmen des „Empowering European Families“ Projektes Werkzeuge geschaffen, die die Anwendung des neuen EU-Rechts erleichtern sollen.
Informationen über Rechtsvorschriften, Verfahren, Zuständigkeiten von Gerichten und Behörden in den 18 EU-Mitgliedsländern im Zusammenhang mit dem Güterrecht werden auf dem EU e-Justice-Portal verfügbar sein: https://e-justice.europa.eu In Österreich ist beispielsweise die Gütertrennung der gesetzliche Güterstand.
[1] Quelle: Statistik Austria, Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung vom 23. Mai 2018
[2] 1995 war bei lediglich 18 % zumindest ein Partner Nicht-Österreicher.