Erfahrungsbericht zum Lehrgang
Mag. Sophia Schindler, juristische Mitarbeiterin
Mein Wunsch, den Universitätslehrgang "Akademisch geprüfte Kanzleiassistenz" der Universität Innsbruck zu absolvieren, entstand aus der Motivation heraus, das Notariat in seiner Gesamtheit besser zu verstehen - das "große Ganze" zu sehen. Was vom Titel des Lehrgangs her eher unspektakulär klingt, ist eine Bereicherung für all jene, die einen Blick über den Tellerrand des Kanzleialltags werfen wollen.
Nach 13 Jahren im Notariat hatte ich bereits zahlreiche "work@notariat"-Veranstaltungen der Notariatsakademie besucht, die einen guten Einblick in die einzelnen Themenbereiche geben. Mit dem Universitätslehrgang besteht nun seit März 2022 erstmals die Möglichkeit, das breit gefächerte Spektrum der Tätigkeitsbereiche einer Notariatskanzlei samt deren Grundlagen kennenzulernen. Generell richtet sich der Lehrgang an Kanzleimitarbeiter aller Sparten; derzeit wird er jedoch fast ausschließlich von Mitarbeitern des Notariats besucht.
Der Einstieg in den Lehrgang vor mehr als einem Jahr stellte sich als durchaus herausfordernd dar, verlangen doch die universitären Strukturen, die Wochenenden mit ganztägigen Vorlesungen, die umfangreichen Lernunterlagen, die Prüfungsvorbereitung und, nicht zu verachten, die Prüfungen selbst den Teilnehmern einiges ab. Mit jedem absolvierten Modul stellt sich jedoch immer mehr eine gewisse Routine ein. Auch sind wir Studierenden (von Alter und beruflichem Hintergrund her übrigens sehr bunt gemischt) mittlerweile gut zusammengewachsen: ist etwa das gerade durchgenommene Thema für den Einzelnen vollkommen neu (manche arbeiten ja erst kurz im Notariat oder inhaltlich in ganz anderen Arbeitsbereichen), helfen die Studienkollegen bereitwillig beim Erklären offener Fragen oder beim Ergänzen der Mitschriften. Auch im Kanzleialltag wird nun gerne die Studentengemeinschaft zu Rate gezogen, um auf kurzem Weg zu praktischen Antworten zu gelangen.
Viele Themenbereiche des Lehrgangs kommen im Kanzleialltag regelmäßig vor, manche täglich, andere seltener; es gibt auch Bereiche (wie etwa das aktuelle Modul 7 „Einführung in das Verwaltungsrecht“), die eine eher untergeordnete Rolle im Arbeitsalltag spielen. Die Vortragenden bemühen sich hier, die Themen interessant zu präsentieren und auf die verschiedenen Erfahrungslevel der Studierenden einzugehen. Dies stellt sich zwar nicht immer leicht dar, gehört aber zu der angestrebten umfassenden Wissensvermittlung, die dieser Lehrgang bieten möchte. Alle Vortragenden sind durchwegs Experten auf ihrem Gebiet und vermitteln die Lerninhalte theoretisch so verständlich wie möglich und auf der Praxisseite ausgesprochen lebensnah. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen, und ist der Dialog und Austausch mit den Vortragenden willkommen und auch sehr erwünscht - nicht nur einmal wurde seitens der Lehrenden anerkennend hervorgehoben, wie aufmerksam, interessiert und interaktiv unsere Studierendengruppe ist.
Die Vorlesungen selbst finden entweder in Präsenz in den Räumlichkeiten der Notariatskammer oder online via Zoom-Meetings statt. Dieses Splitting im Verhältnis etwa 50:50 kommt gerade den Teilnehmern entgegen, die nicht in Wien und Umgebung wohnen und/oder arbeiten. Tendenziell sind die online-Veranstaltungen jedoch kräftezehrender, weshalb die Veranstaltungen in Wien immer wieder gerne wahrgenommen werden. Auch steht hier der persönliche Austausch wesentlich mehr im Vordergrund. Die Skripten werden vor den jeweiligen Veranstaltungen vorab per Post übermittelt. Sämtliche Lernunterlagen werden auch über die Lernplattform "OpenOlat" online zur Verfügung gestellt.
Die einzelnen Prüfungen finden am Ende der jeweiligen Module als Open-Book-Prüfungen ausnahmslos online statt. Was vorerst einfach klingt, wird durch die durchaus knapp bemessene Zeit für die einzelnen Prüfungsteile und die teilweise komplexe Fragestellung relativiert. Die Beurteilung der einzelnen Teilbereiche resultiert einerseits aus der mündlichen Mitarbeit während der Lehrveranstaltungen und andererseits aus dem Ergebnis der schriftlichen Prüfungen. Jedes Modul wird mit einer Gesamtnote abgeschlossen, die sich wiederum aus den einzelnen Teilbeurteilungen ergibt. Ein Modul kann nur abgeschlossen werden, wenn alle Teilbereiche positiv absolviert werden (wobei an dieser Stelle anzumerken ist, dass uns dieses Thema bis zum heutigen Tag – glücklicherweise! - nur in der Theorie beschäftigt hat).
Für Organisatorisches ist die Universität Innsbruck zuständig; unsere Anliegen werden vom dortigen ULG-Team stets freundlich wahrgenommen und ehestmöglich bearbeitet; auch ist die Universität Innsbruck für Anregungen und konstruktive Kritik der Studierenden offen.
Zusammenfassend kann dieser Lehrgang all jenen Notariatsangestellten wärmstens ans Herz gelegt werden, die die Hintergründe und Zusammenhänge des Kanzleialltags besser verstehen wollen – die dafür aufgewendete Zeit und Energie ist in jedem Fall gut investiert.
Unser Lehrgang befindet sich derzeit im dritten von vier Semestern; die Vorlesungen des Moduls 7 haben bereits stattgefunden, und wir bereiten uns nun auf die nächste Prüfung vor. Und auch wenn noch mehr als ein Semester Studienzeit vor uns liegt, so sind wir jetzt schon sehr stolz auf das, was wir bisher - neben Beruf und in vielen Fällen auch Familie - geschafft haben, und denken bereits voller Vorfreude an unsere gemeinsame Abschlussfeier in Innsbruck im Juli 2024.