Online-Rechtsdienstleistung.

Das österreichische Notariat setzt weiter Schritte im Zeichen des digitalen Wandels von Gesellschaft und Wirtschaft. Ziel ist es, einfache, effiziente und nutzbringende Lösungen für Klient:innen zu schaffen. Der Kern der notariellen Arbeit bleibt auch online bestehen: flächendeckende Versorgung Österreichs mit notariellen Dienstleistungen und individuelle und persönliche Beratung unter Einhaltung der gewohnten Rechtssicherheit.

Online-Rechtsdienstleistung mit Mehrwert für Klient:innen und Notar:innen

Die Geschichte der Digitalisierung im Notariat beginnt bereits weit vor der Pandemie, in der sich viele Aspekte des Lebens – sei es das private oder das berufliche und geschäftliche – zwangsweise in den digitalen Raum verschoben. Beispielsweise gibt es das digitale Testamentsregister bereits seit über 50 Jahren. Ein Meilenstein für die Digitalisierung war auch das Jahr 2000: mit cyberDOC wurde das elektronische Urkundenarchiv des österreichischen Notariats geschaffen, das die sichere Archivierung und Zustellung von Dokumenten gewährleistet und das österreichische Notariat als Vorreiter bei e-Government-Lösungen positionierte.

Online-Rechtsdienstleistung im österreichischen Notariat

Ein weiterer essentieller Schritt in der Digitalisierung des Notariats war die Einführung der digitalen GmbH-Gründung, die seit 2019 möglich ist. Die üblicherweise analog in Anspruch genommenen Leistungen wie Beratungstermine und händische Unterschriften wurden hier in einen digitalen Prozess geformt.  Mittlerweile können fast alle notariellen Amtshandlungen – mit Ausnahme von Testamenten und sonstigen letztwilligen Verfügungen – auch online erfolgen: von Beglaubigungen von Unterschriften hin zu Immobilientransaktionen. Dabei ist es egal, ob man sich zuhause am Schreibtisch, im Büro oder vielleicht am Balkon im Urlaubsort befindet. Voraussetzung ist die Einhaltung gewisser gesetzlicher Anforderungen sowie ein Identitätsnachweis – und eine gute Internetverbindung.

 

Mehrwert für Klient:innen und Notar:innen

Funktionalität, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit: Das sind einige Vorteile der Online-Rechtsdienstleistung – für Klient:innen und Notar:innen gleichermaßen. Notarielle Amtshandlungen können durch die Digitalisierung orts- und zeitunabhängig einerseits in Anspruch, andererseits durchgeführt werden. Das kann nicht nur praktisch sein, sondern führt auch zu mehr Service und Selbstbestimmung für Menschen, die körperlich eingeschränkt und nicht mobil sind.  Gleichzeitig unterstützt das auch Klimaschutz und Nachhaltigkeit, weil Anreisewege ins Notariat – ob für Beratungsgespräche, Gesellschafterversammlungen oder Immobilienkäufe – wegfallen. Die Digitalisierung und die damit verbundenen Möglichkeiten versteht man im österreichischen Notariat deswegen als Werkzeug, das Vorteile für alle bietet.

Digitale Zukunft des Notariats

Die über 500 Notar:innen in ganz Österreich stellen ihren Klient:innen diese Online-Services als zusätzliches Dienstleistungsinstrument zur Verfügung. Ziel ist es, zukünftig weiterhin Abläufe zu vereinfachen, effiziente Lösungen zu schaffen und dadurch ein niederschwelliges Angebot der notariellen Dienstleistungen zu schaffen, das für alle immer und überall verfügbar ist. In all diesen Entwicklungen bleibt der Kern der notariellen Arbeit allerdings weiterbestehen: die persönliche Beratung und der rechtliche Beistand der Menschen flächendeckend in ganz Österreich – und bei der Online-Rechtsdienstleistung auch über die Grenzen hinaus.

Interview zu den digitalen Dienstleistungen im Notariat

Fragen & Antworten

Notarielle Amtshandlungen können – bei Einhaltung gewisser gesetzlich festgelegter Anforderungen – auch „online“ erfolgen. Konkret handelt es sich dabei um notarielle Protokolle, wie sie z.B. bei Gesellschafterversammlungen erstellt werden. Auch Notariatsakte, die zur Aufnahme von Rechtserklärungen und Rechtsgeschäften dienen, können digital erstellt werden. Ebenso kann die Beglaubigung von Unterschriften online erfolgen. Immobilientransaktionen können demzufolge heute bereits vollständig digital abgewickelt werden.

Ausgenommen von der Digitalisierung sind Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen. Sie können weiterhin nicht elektronisch errichtet werden.

Bevor ein Notariatsakt oder eine Beglaubigung online erfolgen kann, muss die Identität des Klienten digital festgestellt werden. Dazu gibt es Verfahren, die in der Notar-E-Identifikations-Verordnung geregelt sind. Der/die Notar:in führt in diesem Zusammenhang wie bisher allfällige Prüfungen hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch, damit auch das sicher bleibt. Kommunikation, Beratung und individuelles Erarbeiten der Dokumente sind weiterhin der zentrale Kern der notariellen Beratung, auch im digitalen Prozess. Wo persönlicher Kontakt nicht möglich oder sinnvoll ist, erfolgt das per Telefon oder Videokonferenz.

Wenn die Dokumente fertig vorbereitet sind, „treffen“ sich Notar:in und Klient:in in einer Videokonferenz. Im Rahmen der Videokonferenz bringt der/die Klient:in unter Aufsicht des Notars seine qualifizierte elektronische Signatur an. Danach bringt der/die Notar:in bei den Beglaubigungen noch die Beglaubigungsklausel und Beurkundungssignatur auf. Die Dokumente werden anschließend, wie auch bei den analog errichteten Urkunden, dort eingesetzt, wo sie benötigt werden. Also z.B. bei Eingaben an das Grundbuch oder an das Firmenbuch.

Die digitalen Rechtsdienstleistungen bringen mehr Service und Flexibilität - und unterstützen so auch den Klimaschutz. Wenn beispielsweise eine Gesellschafterversammlung digital stattfinden kann, muss niemand mehr mit Auto oder Flugzeug anreisen. Beratungsgespräche mit mehreren Beteiligten können einfach per Videokonferenz ausgemacht werden, ohne die Anreisezeit geht das schneller und unkomplizierter. Dass auch Verträge rechtssicher über Videokonferenz unterschrieben werden können, macht das Angebot rund. Wer sich das nicht zutraut, kann auch zum/zur Notar:in kommen und dort an der Videokonferenz teilnehmen und digital unterschreiben. Es gibt hier keine Standardprozesse, der für alle gilt und eingehalten werden muss. Die Notar:innen stimmen sich von Fall zu Fall individuell mit den Beteiligten ab. 

Die digitale GmbH-Gründung mit einem Notar bzw. einer Notarin ist bereits seit 2019 möglich. Das Modell integriert „analoge“ Leistungen wie Face-to-Face-Identifizierung, persönliche Beratungstermine, Erstellung eines Gesellschaftsvertrages, händische Unterschriften, usw. in einen digitalen Prozess. Konkret war die digitale GmbH Gründung die erste gesetzlich mögliche online Dienstleistung des Notariats. Erst durch die gesetzliche Grundlage, die mit 02.01.2019 in Kraft trat, wurde das möglich gemacht. Als erster EU-Mitgliedstaat verfügt Österreich damit über eine mit dem EU-Gesellschaftsrechtpaket kompatible Möglichkeit, eine GmbH mit dem/der Notar:in digital zu gründen.

2018 konnte nach einem Testbetrieb die Gründung der Gesellschaftsform GmbH online und volldigital durchgeführt werden. Ein beispielhafter Prozess, der als Grundlage für andere notarielle Dienstleistungen dienen sollte. Durch die Gesetzgebung im Rahmen der COVID-19 Maßnahmen wurde dem österreichischen Notariat im Frühjahr 2020 die digitale Umsetzung praktisch aller Rechtsdienstleistungen ermöglicht.

Damit das für alle Beteiligten komfortabel und sicher über die Bühne gehen kann, hat die NTB SOLUTIONS, ein IT-Dienstleister des Notariats, den Datenraum Notare entwickelt. Der Datenraum Notare stellt als Online-Tool zur Umsetzung der digitalen Rechtsdienstleistungen mit dem Notariat den ersten Schritt zu einer umfassenden Schnittstelle zwischen Klient:innen und Notariat dar. Der Digitalisierungsschub, den die Rechtsdienstleistungsbranche durch Corona erlebt hat, hat auch neue Anforderungen an die Abwicklung der digitalen Kommunikation mit den Notariaten gestellt. Aus diesem Bedarf wurde mit dem Datenraum Notare der NTB SOLUTIONS eine Lösung entwickelt, die von der notwendigen Videoidentifizierung über den Austausch von Dokumenten und Unterlagen bis hin zur qualifizierten elektronischen Signatur den Lifecycle einer digitalen Rechtsdienstleistung abbildet. Der Datenraum Notare ermöglicht die Online Abwicklung von notariellen Beglaubigungen ebenso wie die Errichtung von Notariatsakten. Dies ermöglicht beispielsweise Online GmbH Gründungen oder die Umsetzung von digitalen Kaufverträgen. Die Datenraumlösung steht seit Oktober 2021 zur Verfügung.

Elektronische Werkzeuge sind aber schon seit vielen Jahren eine der Grundlagen für die klientenfreundliche und effiziente Umsetzung der notariellen Dienstleistungen in Österreich. Zum Beispiel cyberDOC, das elektronische Urkundenarchiv des österreichischen Notariats, das neben einer sicheren, dauerhaften Speicherung von Urkunden seit 2007 auch den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten sichert. Die Notartreuhandbank, seit 1997 vollelektronische Spezialbank für notarielle Treuhandschaften. Weiters die Register: ÖZTR (Österreichisches Zentrales Testamentsregister), ÖZVV (Österreichisches Zentrales Vertretungsverzeichnis) – beide im staatlichen Auftrag vom Notariat geführt - sowie das PatVR (Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats).